Bericht vom 07.09.2023

Kundgebung und Unterschriftenübergabe vor dem Kölner Rathaus

[Die Wortbeiträge können teilweise durch das Anklicken der Namen in voller Länge gelesen werden]

Über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren am 7. September zu der Kundgebung vor das Rathaus gekommen. Viele von ihnen meldeten sich zu Wort. Sie bekräftigen, dass sie weiter die Rücknahme des Schließungsbeschlusses fordern werden.

Genau 55 537 Unterschriften für die Petition gegen die Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide wurden am 7.09.2023 übergeben.

Zu Beginn der Kundgebung sprach Henning Frey für den Einladerkreis: "Die Zehntausenden von Unterzeichnern haben eine angemessene Antwort auf den Beschluss des Rats vom 15.06. gegeben. Es ist eindeutig klar, die Mehrheit der Bevölkerung lehnt den Beschluss ab!" Er betonte: "Unsere Forderung ist Sanierung statt Schließung!" Insgesamt 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ergriffen im Anschluss das Wort.

Ina Gogol, die von Anfang an im Einladerkreis für den Erhalt des Krankenhauses Holweide gekämpft hat, sagte: „Ich bin heute hier, um den insgesamt 70.000 Bürgerinnen und Bürgern eine Stimme zu geben, die unsere Petition online oder manuell unterschrieben haben, um unserer Oberbürgermeisterin und den Rat der Stadt Köln davon zu überzeugen, dass wir unser Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße und unser Krankenhaus Holweide uneingeschränkt an den bisherigen Standorten erhalten und behalten wollen!“ „Dass Dr. Unna mehrfach gegenüber den Medien unsere Petition als ‚unseriös‘, ‚Stimmungsmache‘ und ‚unmittelbar geschäftsschädigend‘ bezeichnet“, fuhr sie fort,  „entbehrt jeder Tatsache und zeigt einmal mehr, wie wenig ihn die Nöte und Belange der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt interessieren!“ 

Walter Klüwer, langjähriger Hausarzt in Köln Nippes, stellte die Gründe dar, die ihn bewogen hatten, den Schritt mit der Petition zu tun: "Wir haben im Kölner Norden gerade erst die Schließung der somatischen Krankenhausabteilungen am St. Agatha Krankenhaus erlebt - die Schließung der Innere Medizin, der Unfallchirurgie, der Bauchchirurgie, der kosmetische Chirurgie und der Intensivmedizin. Wir haben 124 Betten verloren. Das merkt man in den Arztpraxen! Und die Patienten merken es! Denn die Einweisungen ins Krankenhaus gelingen öfter wegen hoher Belegung der verbliebenen Krankenhäuser nicht oder es erfordert zeitaufwändiges Verhandlungs-Geschick des einweisenden Arztes." Er machte deutlich, wie katastrophal der Verlust der beiden Krankenhäuser für die Versorgung der Kölner Bevölkerung sein würde.

Vanessa Fux, ebenfalls Mitinitiatorin der Petition, und er übergaben im Anschluss die Unterschriften. Dr. Unna, der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und des Aufsichtsrats der Kliniken Köln, nahm die Unterschriften in Empfang. Er entschuldigte die Oberbürgermeisterin, die nicht anwesend sein konnte. Er nahm in der Sache selbst nicht im Einzelnen Stellung sondern wiederholte, dass der Rat den Beschluss am 15. Juni mit großer Mehrheit gefasst habe.

Walter Müller, ebenfalls von Anfang an für den Erhalt der Krankenhäuser engagiert, wandte sich schon vorher direkt an Dr. Unna: Nicht die Initiative sei schuld daran, dass keine Pflegekräfte mehr eingestellt werden könnten, verwahrte er sich gegen die diesbezüglichen Aussagen von Unna in der Presse, „sondern die Politik, weil sie lange Jahre versäumt hat, die Krankenhäuser vernünftig und ordentlich zu führen. Uns jetzt die Schuld zuzuschieben, halte ich jedenfalls für eine bodenlose Frechheit!“

Unter den weiteren Rednern war  Thomas Zmrzly, der für die ver.di Fachkommission Krankenhäuser in NRW sprach. Er zitierte die Beschlusslage von ver.di und fügte hinzu: "Was bedeutet das? Wir, die ver.di Mitglieder des Fachbereich C in NRW, stehen fest an eurer Seite für den Erhalt aller Standorte der Städtischen Kliniken der Stadt Köln. Wir werden die finanzielle Sanierung des Gesundheitswesens auf Kosten der Kolleg:innen und der Patient:innen  nicht zulassen."

Auch die ver.di Kollegin Martina Rehkopf schloss sich dem an und versicherte für die Senioren von ver.di in Köln, dass diese absolut hinter der Mobilisierung für den Erhalt von Holweide und der Amsterdamer Straße stehen.

Christiane Jäger, SPD-Ratsmitglied, berichtete, dass sie bei der Entscheidung am 15. Juni bewusst nicht an der Abstimmung teilgenommen habe. Sie wies auch auf das Bürgerbegehren gegen die Krankenhausschließungen hin, das schon im August eingereicht worden ist.

Ratsmitglied und Fraktionssprecher Heiner Kockerbeck von der Partei DIE LINKE vertrat die Ratsabgeordnete Uschi Röhrig, die an diesem Tag nicht anwesend sein konnte und die Petition mit initiiert hatte. Er versicherte den Anwesenden die weitere Unterstützung im Kampf für den Erhalt aller drei Standorte.

Ihm folgten Ellen Engstfeld und Helen Klee. Ellen berichtet aus der Diskussion über die Krankenhausschließungen im ver.di Ortsverein Köln. Dort war unter anderem darauf hingewiesen worden, dass die 12 Millionen jährliche Einsparung, die die Stadtdirektorin als Ziel des Schließungsbeschlusses ausgegeben hat, nur durch Einsparungen beim Personal möglich sind. Das könnte ver.di als Gewerkschaft nicht akzeptieren. Helen sprach für die Initiative für ein Gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen und ging auf die große Mangelsituation und die Unterversorgung ein, die im ambulanten Bereich herrschen und wiederholte die Ablehnung von Krankenhausschließungen.

Alte Menschen befinden sich oft in einer verzweifelten Lebenssituation. Der letzt Rettungsanker ist für sie die stationäre Krankenhausbehandlungsmöglichkeit ist, unterstrich der ver.di Kollege und Altenpfleger  Volkmar Kramkowski. Denn "... wenn es dann ganz und garnicht mehr geht, dann weisen wir die alten Leute ins Krankenhaus ein, Begründung: die häusliche Versorgung ist nicht gesichert. Das ist dann die Chance, nochmal innezuhalten, indem Sozialarbeiter*innen, Seniorenberater*innen, Angehörige, Ärzte und andere mehr mit den alten Leuten zusammen neue Perspektiven, einen anderen Blick möglich machen können. Vielleicht durch einen Mix anderer Hilfen, durch eine Medikamentenumstellung oder durch einen anschließenden Aufenthalt in der Geriatrie oder Kurzzeitpflege." Die Schließung der Krankenhäuser bringt sie in eine verzweifelte Situation.

"Wir haben absolut nichts dagegen, dass das Krankenhaus in Merheim ausgeweitet wird, so dass hierdurch für eine qualitative Gesundheitsversorgung für die breiten Schichten gesorgt werden kann. Auch würden wir es sehr begrüßen, wenn im ausgeweiteten Krankenhaus Merheim die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessert, sie entsprechend entlohnt und sie durch zusätzliches Personal entlastet werden würden da, sie heute schon aufgrund der immensen, auf ihren Schultern lastenden Arbeit dazu gedrängt werden, mehr oder minder den Job zu schmeißen. Wir hätten für eine Verbesserung dieses Zustands überhaupt nichts dagegen. Jedoch ist die erlebte Erfahrung der letzten Jahre eine andere. Bereits heute ist die Bettenkapazität im Kinderkrankenhaus reduziert worden, die Arbeit auf den Schultern des Gesundheitspersonals sind immens, eine Erleichterung durch Einstellung neuer Kräfte bei einem menschenwürdigen Lohn sollte für ein so reiches Land wie Deutschland kein Problem sein, ...", betonte der Kollege Yaşat von DIDF Köln. DIDF hatte ebenfalls mit zur Kundgebung aufgerufen hatten.

"Ich spreche hier für die IG BAU," sagte Thilo Nicklas , "die ja auch die Reinigungskräfte in den Kliniken der Stadt Köln vertritt. (...) Uns sagt man, dass kein Geld zusätzlich für die Krankenhäuser da ist? Aber im Bundeshaushalt für das kommende Jahr, der jetzt beraten wird, stellt die Bundesregierung ca. 85 Mrd. Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr und die Waffenlieferungen in den Ukraine Krieg zur Verfügung. Das entspricht den von der Nato gefordert 2% des Bruttoinlandsprodukts. Weiter 5 Mrd. hat Lindner der Ukraine bis 2027 versprochen. Alles für den Krieg, heißt das Motto, und unsere Infrastruktur geht kaputt."

"Wir haben gesehen, wie Dr. Unna als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses in Vertretung von OB Reker hier die Unterschriften „pflichtschuldig“ entgegengenommen hat. Er hat aber nicht erkennen lassen, dass er den Willen der Mehrheit respektieren wird", sagte Henning Frey zum Abschluss. "Man kann sich die Frage stellen, woher nimmt Unna die 'Kraft', die Forderungen immer wieder abzulehnen und sich über den Willen der Mehrheit hinwegzusetzen. Die Antwort darauf ist leicht: Er stützt sich auf die Politik der Ampelregierung ..." Er verwies darauf, dass schon bei der letzten Versammlung in der Schützenhalle in Köln-Holweide festgehalten wurde, hier in Köln, hier wo Lauterbach seinen Wahlkreis hat, zu einer Demonstration aufzurufen.

"Wir haben hier und heute gezeigt: Es gibt hier in Köln eine Kraft, die sich dem Druck der andauernden Anpassung an die Kaputtsparpolitik, an den Abbau des Sozial- und Gesundheitswesen widersetzt. Diese Kraft wird sich durchsetzen!

Dafür versammeln wir uns wieder das nächste Mal in der Schützenhalle in Köln-Holweide am 19. September um 19 Uhr." 


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