Walter Klüwer

 Redebeitrag von Walter Klüwer, Arzt Aus Köln-Nippes, aus Anlass der Petitionsübergabe am 7.9.2023 an OB Reker und den Rat der Stadt Köln

"Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker, sehr geehrte Damen und Herren des Kölner Stadtrats, liebe Anwesende,

mein Name ist Walter Klüwer, ich bin langjähriger Hausarzt in Köln Nippes und habe zusammen mit Vanessa Fux, der Initiatorin, und 5 weiteren Mitinitiatoren die Petition „Keine Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide“ gestartet.

Die Petition ist von der Bevölkerung extrem stark unterstützt worden. Vom 15. Juni bis zum 31. August, also in zweieinhalb Monaten, konnten wir online und handschriftlich zusammen 55.537 Unterschriften sammeln Sie sind hier in diesem Ordner abgelegt und werden heute dem Stadtrat übergeben.

Als Sie, Frau Reker, im Februar dieses Jahres Ihre Beschlussvorlage an den Stadtrat vorgelegt haben, mit dem Zukunftsmodell 1 + 0 (1 städtisches Krankenhaus in Merheim, 0 Krankenhäuser anderswo), kam bei uns gleich der Eindruck, dass hier unsere gesundheitliche Versorgung abgebaut wird. Und das hat sich nach weiterer Beschäftigung mit dem Thema bestätigte: Mit der geplanten Zentralisierung in Merheim werden das Krankenhaus Holweide und die Kinderklinik Amsterdamer Straße geschlossen und ca. 400 Betten und 381 Arbeitsplätze abgebaut.

Die Krankenhäuser sind Jahrzehnte gewachsene Versorgungssysteme mit ausgearbeiteter Kooperation zwischen den Abteilungen und vielfältigen Verknüpfungen mit den Versorgungseinrichtungen im Umfeld. Sie können ein Krankenhaus nicht umziehen, sie können es nur am Standort zerstören und am neuen Standort ein neues aufbauen. Wir rufen dazu auf, dieses Vorhaben zu stoppen.

Wir haben im Kölner Norden gerade erst die Schließung der somatischen Krankenhausabteilungen am St. Agatha Krankenhaus erlebt - die Schließung der Innere Medizin, der Unfallchirurgie, der Bauchchirurgie, der kosmetische Chirurgie und der Intensivmedizin. Wir haben 124 Betten verloren. Das merkt man in den Arztpraxen! Und die Patienten merken es! Denn die Einweisungen ins Krankenhaus gelingen öfter wegen hoher Belegung der verbliebenen Krankenhäuser nicht oder es erfordert zeitaufwändiges Verhandlungs-Geschick des einweisenden Arztes.

Der Wegfall des Kinderkrankenhauses an der Amsterdamer Straße wird von der Bevölkerung im Kölner Norden als Katastrophe erlebt. So wundert es nicht, dass wir an einem Samstag am Nippeser Markt innerhalb von 4 Stunden 575 Unterschriften gesammelt haben.

Die mehrheitliche Entscheidung des Stadtrates am 15. Juni für das Zukunftsmodell 1 + 0 der städtischen Kliniken hat unseres Erachtens die Versorgungslage weitgehend außer Acht gelassen. Es brauchte jetzt eine Darstellung des Bedarfs in der Bevölkerung. Diese Darstellung des Bedarfs ist durch den raketenartigen Anstieg der Petitions-Unterstützung gelungen.

Das Sparen im Gesundheitswesen sowohl im Krankenhaussektor als auch in der ambulanten Medizin, besonders im Hausarztbereich, geht schon seit Jahrzehnten. Bund und Land entziehen sich ihrer Investitionsverpflichtungen, die ihnen gesetzlich auferlegt sind. Der Bund zahlte früher 1/3 der Investitionen und hat diese Zahlung seit 1984 ersatzlos beendet. Die Länder haben das Volumen nicht übernommen. Außerdem wurden die Investitionen nicht ausreichend an den Bedarf angepasst. So leidet die Krankenhausfinanzierung unter einer chronischen Krankheit die heute zu der Gefahr des bundesweiten Krankenhaussterbens führt.

Gerald Gaß von der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat im Mai in der Rheinischen Post mitgeteilt, dass 20-30 % der bundesdeutschen Krankenhäuser an Insolvenz denken, insbesondere im ländlichen Bereich.

Die städtischen Kliniken trifft es besonders hart, weil sie auch Breitenversorgung leisten und in weniger profitablen Bereichen arbeiten. Kinderversorgung ist nicht profitabel!

Das Kinderkrankenhaus und das Krankenhaus Holweide dürfen nicht geschlossen werden!

Sie sollen in ihrer bisherigen, ausgezeichneten Leistungsfähigkeit erhalten werden, verbunden mit verstärkter Personalwerbung, Renovierung und Sanierung.!

Geben Sie den Krankenhäusern eine Chance, Frau Reker, dann finden Sie auch Personal! Mit 55.000 Unterschriften haben sich die Bürgerinnen und Bürger für die städtischen Kliniken ausgesprochen! Das ist letztendlich auch eine Werbemaßnahme, die die städtischen Kliniken noch nie erlebt haben!

Als erstes sollte der mit 20 Millionen € erstellte Neubau am Kinderkrankenhaus endlich in Betrieb genommen werden! Er sollte sofort bezogen werden und nicht verzögert werden! Es war geplant, nach dem Umzug einer Station in den Neubau, ein Stück Altbau zu renovieren!

Stoppen Sie die Zerstörung der Krankenhäuser! Schwenken sie um zum Sanieren der Krankenhäuser! Warten Sie nicht, bis das bereits beantragte Bürgerbegehren ihrer Politik widerspricht!

Vielen Dank!"

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