Offener Brief gegen Versorgungskürzungen

Einladerkreis aus Betroffenen, Bürgerinnen und Bürgern aus Holweide, Beschäftigten von Kölner Krankenhäusern und GewerkschafterInnen für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße

Offener Brief an Oberbürgermeisterin Reker und den Rat der Stadt Köln



Köln, den 29.10.2024

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,

sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Köln!

Viele Bürgerinnen und Bürger, Patienten und Angehörige sowie Beschäftigte und Gewerkschafter in Kölner Krankenhäusern sind über die Ankündigungen der nordrhein-westfälischen Landesregierung zur Krankenhausplanung und die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Lauterbach im hohen Maße beunruhigt. Viele sehen auch die Forderung der Petition für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße, die von über 61 240 Unterzeichnern unterstützt wird, bestätigt.

Die Pläne der Landesregierung sehen in vielen Behandlungsbereichen eine Senkung der Fallzahlen und in einigen Bereichen sogar eine völlige Streichung der Behandlung vor:

  • So wird die geplante Zahl der behandelten Kinder in der Allgemeinen Kinder- und Jugendmedizin im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße von 6024 Fällen auf 5600 Fälle, also um 424 Fälle, gekürzt. Für die Uniklinik ist eine Kürzung von 521 und für das Krankenhaus Porz von 400 Fällen geplant.  Für 1345 Kinder soll es keine Behandlung mehr geben!
  • Die Zahl der möglichen Aufnahmen von Kindern in Perinatalzentren des Levels 1 bleibt nur in der Uniklinik konstant, wird aber in Holweide von 62 auf 55, in der Kinderklinik Amsterdamer Straße von 41 auf 30 und im benachbarten Klinikum Leverkusen von 60 auf 30 radikal reduziert. Bei einer geplanten Verweildauer von 66,6 Tagen pro Fall ist das eine drastische Kürzung.
  • Die Zahl der Aufnahmen in Perinatalzentren des Levels 2 wird in Holweide von 31 auf 26, in der Amsterdamer Straße von 42 auf 25 und in Leverkusen von 40 auf 25 gekürzt. Für die Porzer Klinik soll die gesamte Behandlung von 50 auf Null gestrichen werden!
  • Im Krankenhaus Holweide wird die Zahl der behandelbaren Fälle in der Urologie von 2833 auf 2700 und in der allgemeinen Frauenheilkunde von 1986 auf 1800 gekürzt. Die Behandlung von Leukämie und Lymphomen und die Behandlung des Eierstockkrebses wird im Krankenhaus Holweide gestrichen, ebenso wie der Bereich der Bariatrischen Chirurgie und der Cochleaimplantate. Hierfür gibt es keinen Ersatz in einem anderen Krankenhaus!
  • Im Krankenhaus Merheim wird z.B. die Behandlung des Bauchaortenaneurysmas komplett gestrichen (bisher 38 Fälle geplant), in Leverkusen wird sie von 60 auf 50 Fälle reduziert! 
  • Die Zahl der Geburten soll im Krankenhaus Holweide zwar gleich bleiben, aber sie wird im Severins Klösterchen, im Elisabeth-Krankenhaus, im Krankenhaus Weyerthal, im Krankenhaus Porz und in der Uniklinik um insgesamt 1400 Fälle gekürzt!
  • Im Franziskushospital in Ehrenfeld ist die Schließung der Geriatrie geplant. Für Köln ist insgesamt in der Geriatrie eine Kürzung um 1555 Fälle geplant.
  • In den LVR-Klinik Köln und der Klinik Alteburger Straße ist geplant, die psychiatrische Behandlung um jeweils  ca. 5000 Behandlungstage zu reduzieren!

Die Pläne der Landesregierung können wir im Rahmen dieses Schreibens nur zu einem Bruchteil aufführen. Sie verdeutlichen im Übrigen auch, dass die Behauptung, bei der Schließung des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße ginge es nur um einen Umzug, falsch ist. Denn vor der Schließung soll es bereits zu drastischen Einschnitten der Behandlung kommen.

Gesundheitsminister Lauterbach versteigt sich zu der Aussage, seine Reform würde Menschenleben retten. In der Realität ist die geplante Senkung von Behandlungszahlen nichts anderes als die Ankündigung einer massiven Verschlechterung der Krankenhausbehandlung! Schon bisher mussten die Patienten unter Personalmangel und oft verfrühten Entlassungen leiden, die Folge der politisch gewollten Unterfinanzierung der Krankenhäuser sind.

Immer neue Sparmaßnahmen sollen durchgesetzt werden. Dazu gehört auch der Beschluss des Hauptausschusses des Stadtrats, bei den Kliniken der Stadt Köln ab dem kommenden Jahr mindestens 10 Millionen Euro gegenüber 2024 einzusparen. 

Die Senkung der Behandlungszahlen und die Streichung ganzer Bereiche ist auch ein Verlust an medizinischem und therapeutischem Wissen und Erfahrung. Medizinische Geräte und Einrichtungen liegen brach und Ausbildungskapazitäten gehen verloren. Das ist ein breiter Rückschritt und Verschwendung öffentlicher Gelder.

Gibt es jetzt keine andere Möglichkeit als zu warten, bis die geplanten Verschlechterungen tatsächlich Realität werden? Soll man tatenlos zusehen, bis es zu langen Wartelisten kommt, zu Krankenhausabweisungen oder zu Todesfällen wegen fehlender Betten und überfüllter Notaufnahmen?

Wir sind der Meinung, das wäre unverantwortlich! Man muss jetzt schon handeln!

Sie, die gewählten Mandatsträger in der Stadt Köln, stehen in der Verantwortung, gegen diese drohende Verschlechterung der Krankenhausbehandlung Position zu beziehen: 

  • Der Rat der Stadt Köln muss die Landesregierung auffordern, alle Kürzungspläne zurückzunehmen!
  • Wir brauchen den Erhalt der Krankenhausbehandlung!
  • Der Rat der Stadt Köln muss den Schließungsbeschluss für das Krankenhaus Holweide und die Kinderklinik Amsterdamer Straße zurücknehmen!

Mit freundlichen Grüßen

Eva Gürster

(im Auftrag der Versammlung für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße am 29.10.2024)

***


Köln, den 08.11.2024


Ergänzung

In der Zwischenzeit hat die Landesregierung aufgrund vieler Proteste die Umsetzung des Krankenhausplans um drei Monate verschoben und nach einer zweiten Anhörung Planungsänderungen vorgenommen. Für drei der in dem Offenen Brief angesprochenen Beispiele ergeben sich daraus Änderungen:

  • Die Zahl der geplanten Aufnahmen von Kindern in Perinatalzentren des Levels 2 in der Amsterdamer Straße wird von 42 jetzt sogar noch weiter auf 20 gekürzt. In der Uniklinik Köln werden die 41 Fälle jetzt nach der zweiten Anhörung auf 35 reduziert. Dafür sollen in Stolberg 15 Behandlungsfälle beibehalten werden, die nach der 1. Anhörung gestrichen wurden.
  • Im Krankenhaus Merheim wird Behandlung des Bauchaortenaneurysmas nach der zweiten Anhörung nicht mehr, wie bisher geplant, ganz gestrichen, sondern es werden die 38 ursprünglichen Fälle beibehalten. In der Uniklinik wird aber dafür nach der zweiten Anhörung die Zahl der Fälle um 20 und im Krankenhaus Porz um 18 Fälle gekürzt.
  • In der Geriatrie ist nach der zweiten Anhörung geplant, die ursprüngliche Streichung von 1555 Fällen zu verringern. Im Krankenhaus Weyerthal werden jetzt 400 Fälle und im Hildegardis Krankenhaus 200 Fälle eingeplant. 

Alle anderen im Offenen Brief genannten Zahlen bleiben unverändert. Die Beispiele machen deutlich, dass in der zweiten Anhörung die Kürzungen durch die Landesregierung nicht zurückgenommen sondern anders verteilt wurden.

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